Das Wichtigste aus Recht, Steuern und Wirtschaft
November 2023
Haftung von Eheleuten für Steuerschulden
In der Schweiz werden die gemeinsamen Einkünfte und Vermögen von Ehepaaren zusammengefasst und gemeinsam besteuert. Die Steuererklärung von Ehepaaren wird von beiden unterschrieben und beide Eheleuten haften solidarisch und unbeschränkt für ihre Steuerschulden. Das bedeutet, dass die Steuerbehörden den ganzen Betrag entweder von einem oder vom anderen einfordern können. Dies gilt unabhängig davon, wer das Einkommen erwirtschaftet hat oder wer die Steuererklärung ausgefüllt hat. Hat ein Ehepartner Steuerschulden und kann sie nicht bezahlen, dann kann das Steueramt auf das Vermögen des anderen Ehepartners zurückgreifen.
Wird ein Ehepartner zahlungsunfähig, entfällt die Solidarhaftung. Leben Ehepartner zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschulden getrennt, kann der «unschuldige» Ehepartner unter Umständen von der Haftung befreit werden. Er muss beweisen, dass er keinen Einfluss auf die Finanzen eines Partners hatte. Die genauen Regelungen zur Haftung von Ehepartnern für Steuerschulden variieren von Kanton zu Kanton variieren.
Wichtig: Damit die Solidarhaftung in Form einer Haftungsverfügung aufgehoben wird, muss ein Gesuch dafür gestellt werden, weil das Amt nicht von sich aus handelt. Das Gesuch kann bereits im Veranlagungs- oder im Bezugsverfahren gestellt werden, wenn also die bereits rechtskräftige Veranlagung eingetroffen ist. Im Gesuch muss die Zahlungsunfähigkeit des Ehepartners bewiesen werden.
«Doppelte» Bestrafung bei Steuerhinterziehung ist erlaubt
Ein Verwaltungsrat war dafür zuständig, dass im Unternehmen A Baufahrzeuge zu überhöhten Beträgen von Unternehmen, die ihm gehörten, gemietet wurden. Für diese versteckte Gewinnausschüttung wurde der Verwaltungsrat wegen Steuerhinterziehung gebüsst.
Gleichzeitig ermittelten die Steuerbehörden auch gegen den Geschäftsführer des Einzelunternehmens wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung und büssten ihn.
Dagegen erhob der Verwaltungsrat Einspruch bei Gericht mit der Begründung, es dürfe niemand zweimal wegen derselben Straftat verurteilt werden.
Das Bundesgericht lehnte den Einspruch ab. Es wies darauf hin, dass im Falle der Verurteilung einer juristischen Person wegen Steuerhinterziehung zusätzlich noch die für sie handelnden Organe oder Vertreter wegen Beteiligung bestraft werden könnten. Das Prinzip, dass niemand zweimal für die gleich Straftat verurteilt werden könne, werde nicht verletzt.
Eine AG und ihre Organmitglieder seien verschiedene Rechtssubjekte, weshalb die hier verhängten Strafen unterschiedliche Personen betreffen würden. (Quelle: BGE 2C_872/2021 vom 02.08.2022)
Der Lohn von volljährigen Kindern bei der Unterhaltsberechnung
Das Bundesgericht hat entschieden, dass bei der Berechnung des Unterhalts es im Ermessen des Gerichts liegt, wieviel ein volljähriges Kind zum eigenen Unterhalt beizutragen hat. Es lehnt die übliche Praxis ab, dass das Erwerbseinkommen des Kindes ab Volljährigkeit voll in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist. Es sind immer die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. (Quelle: BGE 5A_476/ 2022 vom 28.12.2022)
Entschädigung wegen missbräuchlicher Entlassung: Der Mitarbeitende muss Voraussetzungen geltend machen und beweisen
Es ist Sache des Arbeitnehmers, geltend zu machen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter Entlassung erfüllt sind. Vor allem muss er beweisen, dass er gegen die Entlassung vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber schriftlich Einsprache erhoben hat.
Das Bundesgericht hat entschieden, dass es bei der Einsprache gegen die Entlassung Sache des Arbeitnehmers ist, die Voraussetzungen für seinen Anspruch zu beweisen. Er muss die tatsächlichen Umstände belegen, warum er eine Entschädigung für die missbräuchliche Kündigung erhalten soll. Dazu gehört auch, dass er innert Frist Einsprache beim Arbeitgeber erhebt. Andernfalls ist sein Begehren auf Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung abzulehnen.
Rückstellungen versus Eventualverbindlichkeiten
Bei Jahresabschlussarbeiten stellt sich oft die Frage, ob für Ereignisse eine Rückstellung gebildet werden muss oder ob das Ereignis als Eventualverbindlichkeit gelten soll.
Für Rückstellungen gelten folgende Kriterien kumulativ:
- es handelt sich um ein vergangenes Ereignis, d.h. vor dem Bilanzstichtag und früher,
- der Mittelabfluss ist mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50 % und
- die Höhe des Mittelabflusses ist verlässlich schätzbar.
Rückstellungen sind erfolgswirksam zu verbuchen. Sie sind zu unterscheiden in ausserordentliche, einmalige oder periodenfremde Aufwendungen und müssen im Anhang erläutert werden.
Eventualverbindlichkeiten sind rechtliche oder faktische Verpflichtungen, bei denen ein Mittelabfluss zwar möglich, jedoch unwahrscheinlich erscheint, weniger als 50% Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Höhe des Mittelabflusses kann nicht verlässlich geschätzt werden. Eventualverbindlichkeiten werden nicht verbucht und erscheinen nur im Anhang des Geschäftsberichts.
Arbeitgeberkontrollen nur von zugelassenen Organisationen
Ab 1. Januar 2024 sind nur noch folgende Organisationen für Arbeitgeberkontrollen zugelassen:
- von der Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) für die Prüfung von AHV-Ausgleichskassen zugelassene Revisionsunternehmen und leitende Revisoren
- kasseneigene Arbeitgeberkontrolleure
- die Revisionsstelle der Ausgleichskasse (RSA)
- die SUVA.
Dies bedeutet, dass keine anderen Organisationen Zugang zu Kontrollen und Informationen von Unternehmen haben. (Quelle: Bundesamt für Sozialversicherung)
Was passiert, wenn ein Erbe ausgeschlagen wird, bei der Konkurs-Verwertung aber ein Überschuss übrigbleibt?
Das Bundesgericht hatte zu entscheiden, wie CHF 80‘000 zu verteilen sind, wenn das Erbe von allen Erben ausgeschlagen worden war, aber nach der Verwertung ein Restbetrag übrigbleibt.
In diesem Fall vermachte ein Erblasser seinem Neffen sein gesamtes Vermögen. Er hatte keine Kinder und keine Ehefrau, nur noch Geschwister und eine Halbschwester. Alle Erben schlugen das Erbe aus.
Das Bezirksgericht verteilte den Überschuss unter den gesetzlichen Erben – den Geschwistern. Der Neffe gelangte bis ans Bundesgericht mit seinem Anspruch auf die CHF 80‘000 und bekam Recht. Das Gericht bestimmte, dass wenn der Erblasser einen Erben testamentarisch eingesetzt hat, es keinen Grund gebe, andere, nicht pflichtteil-geschützten Erben einzusetzen. Der Wille des Erblassers sei zu erfüllen. (Quelle: BGE 5A_961/2022 vom 11.5.2023)
Zum Schmunzeln: In Bern ist der Tod am teuersten – Friedhofgebühren mit extremen Preisunterschieden
Der Preisüberwacher hat extreme Unterschiede von Friedhofgebühren beanstandet. Er schlägt den Kantonshauptstädten vor, überdurchschnittlich hohe Gebühren zu senken.
Der Preisüberwacher untersuchte Urnen-Nischen, Reihengräber und Gemeinschaftsgräber. Dabei fand er heraus, dass es einige Kantone übertreiben mit den Sargkosten. Bern verlangt CHF 3’700, in anderen Kantonen kostet es nichts. Dabei hätten sich alle Kantone an das Kostendeckungsprinzip zu halten und nicht die Preise willkürlich zu bestimmen.
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